Regelprobleme, HM-300 an 24V, Ursache und Beseitigung

[SW-Niko]

Überschwingen und seltsames Regelverhalten ist momentan ja ein großes Thema in der Community. Und auch meine Anlage war davon betroffen. Aber mittlerweile konnte ich die Kernproblematik identifizieren und beseitigen.

Langsam…jetzt nicht euphorisch werden. Es gibt viele verschiedene Ursachen für Regelprobleme und ich habe nur eines und vermutlich auch noch ein sehr spezielles Regelproblem gelöst.

Darum erst mal eine Spezifikation von meinem Regel-Problem.
In meiner (kleinen) Anlage werkelt ein alter HM-300 der über eine 24V Batterie versorgt wird.
Und in dieser Kombination treten Regelprobleme auf. Zum Beispiel liegen die AC Werte weit daneben, das Limit wird nicht eingehalten, Überschwingen und auch permanentes Schwingen obwohl sich der Verbrauch nicht ändert.

Das Kernproblem liegt bei 2 HM-300 Fehlern.

• Die Inverter AC Messung ist ungenau und nicht besonders zuverlässig.
• Die Übertragungsfunktion von Limit [%] auf AC-Leistung [W] ist nicht linear.

Beide Probleme habe ich behoben.

• Die Inverter AC-Messung habe ich durch ein externes Powermeter ersetzt.
• Die nicht lineare Übertragungsfunktion durch eine adaptive Übertragungstabelle ersetzt.

Ergebnis: Die gewünschte Ausgangsleistung wird bei jeder Limit-Änderung ausreichend genau getroffen. Die verbleibende Abweichung beträgt nur noch ca. 0-2W. Ich kann den HM-300 von 20W - 300W mit einer Toleranz von 5W ohne Probleme bei 24V betreiben.

Wen man die lineare Übertragungsfunktion mit der realen Übertragungsfunktion (Übertragungstabelle) vergleicht dann schaut das bei meinem HM-300 folgendermaßen aus.

Jetzt kommt vielleicht die Frage auf: „Schön, aber was hat das mit Schwingen und Regelproblemen zu tun?“

Kleines Beispiel was passiert wenn man die lineare Übertragungsfunktion verwendet:
Ausgangspunkt ist ein Verbrauch von 120W oder ein Limit von 40%.
Jetzt steigt der Verbrauch auf 260W.
Über die lineare Funktion gerechnet sind das ein Limit von 87%.
Weil der Inverter aber nicht linear arbeitet kommt bei 87% an seinem AC Ausgang 320W heraus.
Der Verbrauch ist immer noch bei 240W, also kommt vom Powermeter(1) 320W-240W=80W „Bitte um 80W reduzieren“
240W-80W=160W (53%) einstellen.
Der Inverter macht bei 53% die geforderten 160W.
Nun stellt das Powermeter(1) fest es sind 240W-160W=80W zu wenig.
Also wieder 240W (87%) einstellen.
Jetzt macht der Inverter wieder 320W
Und so schwingt das System dann munter vor sich hin, obwohl der Verbrauch sich nicht ändert.

Gleiches Beispiel mit Übertragungstabelle:
Der Inverter steht wieder auf 40% und das sind mit der Übertragungstabelle ebenfalls 120W.
Jetzt steigt der Verbrauch auf 240W.
Über die Korrekturtabelle gerechnet ist das ein Limit von 72%.
Diese 72% ergeben am Inverter AC Ausgang die gewünschten 240W.
Passt. Kein Nachregeln und kein Schwingen.

Jetzt muss ich nur noch erklären wie ich zu der Übertragungstabelle komme. Genauer gesagt wie ich zu der adaptiven Übertragungstabelle komme.
Eigentlich muss ich gar nichts machen. Meine Software ermittelt die richtigen Werte automatisch aus dem laufenden Betrieb. Immer wenn der Inverter ein neues Limit einstellt und das Powermeter(2), den dazugehörenden AC-Wert liefert, dann wird das Wertepaar in der Übertragungstabelle über eine Mittelwertbildung eingetragen.
Die Übertragungstabelle wird mit der Zeit immer genauer und passt sich laufend an, falls Temperatur, Batteriespannung und Änderung am AC-Netz die Übertragungsfunktion beeinflussen. (Deshalb ist es eine adaptive Übertragungstabelle)

Wen man die beiden Kurven genauer betrachte dann kann man folgendes Erkennen.

• Wenn man den Inverter auf 50W – 180W begrenzt, dann benötigt man keine Übertragungstabelle, weil beide Berechnungen annähernd das gleiche Ergebnis liefern.
• Wenn man die Toleranz auf ca. 10W einstellt dann reicht es aus, wenn man den Inverter auf 25W – 220W begrenzt.

Alles klar? Gibt es noch Fragen?

[Manos1966]

Jesus! 😱 RESPEKT! 🥇

Verstehe ich es jetzt richtig, das Problem ist 24V bezogen, das heisst bei 48V das Problem existiert nicht? 🤔

[SW-Niko]

Hallo @Manos1966 ,

das Problem ist 24V bezogen, das heisst bei 48V das Problem existiert nicht?

Das kann ich nicht sagen. Ich müsste erst mal meinen HM-300 an 48V betreiben und schauen wie er sich dann verhält.
Und wie linear andere Inverter oder andere Inverter Softwareversionen oder Hardwareversionen sich verhalten weiß ich nicht.
Wenn ich aber schaue was andere melden, die mit 24V arbeiten dann liegt die Vermutung schon sehr nahe das hauptsächlich 24V Systeme betroffen sind.

Ich formuliere es mal so:
Immer wenn die Differenz zwischen der "realen Inverter AC Leistung" und der "linear berechneten Inverter Leistung" mehr als die konfigurierte Toleranz beträgt dann wird ein zusätzlicher Regelschritt gemacht.

Und jeder zusätzliche Regelschritt führt nicht zwangsläufig zu einem Schwingen aber er kostet etwas Performanz.

[spcqike]

Sehr schön. Und sehr interessant.

Wie voll war deine Batterie zum Zeitpunkt der Aufnahme da? Kann es sein, dass sie so ungefähr 22V unter der Last hatte?

Dass die wechselrichter Probleme machen, wenn der shunt am MPPT „in die Sättigung“ geht, ist ja bereits öfter aufgekommen. Im falle des HM-300 sind das so 11.5A, die fließen können. Danach kann er ja nicht mehr sauber regeln oder überhaupt sinnvoll messen.

Die Problematik sollte es mit 48V oder Solar Systemen jedoch nicht geben. (Wahrscheinlich auch nicht bei 36V) Daher würde ich die gemeldete inverter AC Leistung eigentlich als hinreichend genau betrachten. Zumindest solange man keine 24V only nutzt (:

Auf der anderen Seite sieht man im unteren Bereich <20% ebenfalls die „unterdeckung“, die mir mit meinem HMS-2000 auch aufgefallen ist. Wobei das Problem bei mir nur bis 15% / 300W besteht.

[SW-Niko]

Hallo @jpbuxde,
ich dachte mir schon das sich bald jemand mit dem gleichen Symptomen meldet. 👍
Momentan bin ich ja noch in der Testphase aber bis jetzt schaut es verdammt gut aus.

Ich habe beide ich nach oben hin im DPL begrenzt (HM300 220W

Das deckt sich sehr gut mit meinem HM-300.

kann jemand wie ich ,der die gleichen Probleme sowohl mit einem HM300 als auch mit einem HM600 hat ,deine Lösung nachbauen?

Die notwendigen Softwareänderungen habe ich ziemlich grob rein gestrickt. Das kann ich so auf keinen Fall freigeben.
Hmmm... Ich muss jetzt erst mal meine anderen PR's fertig bringen dann sehen wir weiter.

Vielleicht stellt sich ja heraus das auch 48V Systeme einen Vorteil davon haben?. Und wenn das auch mit der internen AC Messung funktioniert dann ist ja ein reines Software Feature.

@spcqike
Du schreibst das dein HMS-2000 bei kleinen Leistungen ein Problem hat. Kannst du das mal etwas genauer beschreiben?
Oder hast du vielleicht sogar eine gemessene Übertragungsfunktion? Mich würde interessieren wie linear Inverter an 48V arbeiten.

[spcqike]

@SW-Niko
Das findest du hier
#1087 (comment)

ich habe allerdings keine Batterie. Nur solar. (870Wp pro MPPT, an der Sonne lag es in dem Test nicht ;) )

Wenn ich mich recht erinnere hat Andreas letztens was ähnliches gemessen und er nutzt ne Batterie. Müsste man hier mal raus suchen (:

[jpbuxde]

@SW-Niko
ok,
wenn du Infos brauchst oder ich dir mit Beobachtungen /Test helfen kann....gerne
Jürgen

[SW-Niko]

@spcqike
Interessant. 🤔 Im unteren Bereich gibt es also durchaus nennenswerte Abweichungen. Hast du auch Daten vom oberen Bereich?
Noch eine Frage. Gibt es vom Inverter eine Information das er gerade limitiert? Ansonsten wird es schwierig so ein Feature für solarbetriebene Inverter anzubieten.

@jpbuxde
Vielen Dank für dein Angebot. Das deine beiden HM bei 24V ebenfalls ein Problem haben reicht vorerst als Information. 👍

[spcqike]

Nein, belastbare Daten habe ich dazu nicht. Wenn die Sonne mal wieder raus kommt, kann ich das testen. Wird aber wohl noch ein paar Monate dauern :D die paneele liegen nicht ideal.
Nein, soweit ich weiß gibt es kein Feedback, dass er bereits limitiert.

[hoschiking]

Ich habe die gleiche Konfiguration und ich kann auch das geschilderte Verhalten absolut bestätigen.
Bis 220W läuft alles sauber, darüber hinaus leider nicht mehr.
Wobei zu den Ursachen andere Beobachtung gemacht habe.
In meinen Augen läuft die DC-Strom Messung aus dem Ruder, die driftet ba ca. 9A ins positive
und bei 10A ist Schluss. Dh mehr als 10A kann anscheinend der Shunt am Eingang nicht messen.
Wenn das Limit statisch auf 100% gesetzt wird, stelle sich folgende Werte ein:
12,5A am Eingang, 330W am AC-Ausgang (Anzeige des JK BMS), die interne Messung des HM300 zeigt 10A und 260W an.
Das ist in meinen Augen die Erklärung, warum es die Probleme mit Systemen >24V nicht gibt, da die DC-Ströme niedriger sind.
Wäre das Problem auf der AC-Seite, müßte es auch bei 48V Systemen auftreten
Ich wäre auch an einer Lösung dafür interessiert, wobei sich die Frage stellt, ob es ohne externen Powermeter lösbar wäre,
wenn auch man da mit etwas größerer Abweichung leben müsste. Ich fände es nicht schlimm, wenn man sich dafür die
zusätzliche Hardware sparen könnte.

[SW-Niko]

Hallo @hoschiking,
Ja, mit den 24V haben die HM-Inverter ein Problem. Die Lösung mit der adaptiven Übertragungstabelle läuft jetzt schon über 2 Monate auf meinem System. Ich bin voll happy. Alle Regelprobleme sind weg und ich kann den vollen Bereich nutzen.
Ich tippe auch auf die DC-Strom Messung. Ich sehe das sich der obere Knick (200W) bei geringer Batteriespannung nach unten verschiebt.
Der untere Knick bei 50W ist dagegen konstant und hat keine Abhängigkeit von den 24V-28V. Ich kann aber nicht sagen ob er bei 48V nicht vorhanden ist.

Mein Problem ist das ich den Code ziemlich grob eingefügt habe. Das passt für mein System aber nicht für andere Systeme.
Ich denke auch das ich nicht in der Lage bin das ordentlich einzufügen und mit der Weboberfläche kann ich noch gar nichts machen.

Frei von der Leber gesprochen: Wir benötigen die tatkräftige Unterstützung von den Profis.

Ich wäre auch an einer Lösung dafür interessiert, wobei sich die Frage stellt, ob es ohne externen Powermeter lösbar wäre.

Das kann ich noch Untersuchen.

Wäre das Problem auf der AC-Seite, müßte es auch bei 48V Systemen auftreten

Beim oberen Knick (200W) gebe ich dir Recht.
Der untere Knick hat andere Ursachen. Kann gut sein das die auch bei 48V auftreten. Jedenfalls gibt es immer wieder Informationen das man die untere Grenze nicht zu klein machen soll weil es ansonsten zu Problemen kommt.

Die habe ich nicht mehr. Die adaptive Übertragungstabelle hat auch meine Probleme im unteren Bereich gelöst.
Mittlerweile fahre ich mein System mit einer Hysterese von 3W bis auf 20W herunter. Und das ist vielleicht der Punkt wo das ganze auch für 48V Systeme interessant wird.

[AndreasBoehm]

Echt cool @SW-Niko! willst du daraus ein paar pull-requests machen? :)

[SW-Niko]

willst du daraus ein paar pull-requests machen? :)

Kann ich natürlich machen. Aber zuerst:

• Muss ich die Methoden rund um die adaptive Übertragungstabelle in eine verstehbare Form bringen
• Beschreiben wie das funktioniert
• Eine Liste mit den fehlenden Funktionalitäten machen.
• Wenigstens die Hälfte vom meinen zur Zeit noch offenen PR abschließen

🤔 Es gibt wie immer viel zu tun. 😀

[AndreasBoehm]

Es gibt wie immer viel zu tun.

das kommt mir bekannt vor 😂

Die Inverter AC-Messung habe ich durch ein externes Powermeter ersetzt.

Das wäre ein erster wichtiger Schritt. Hast du das auch in die DTU integriert oder nur extern ausgewertet um die adaptive Übertragungstabelle zu erstellen?
In der DTU wäre das genial.

[SW-Niko]

Hast du das auch in die DTU integriert oder nur extern ausgewertet um die adaptive Übertragungstabelle zu erstellen?

Habe ich in die DTU integriert. Hmmm.. integriert ist das falsche Wort. Sagen wir ich habe das in die DTU eingehackt. 😞

Ich verwende Value 2 um an die Daten von einem Shelly zu kommen und habe Provider::getPowerTotal(uint8_t phase) so manipuliert das ich an die einzelnen Values ran komme. Mit diesen Daten und dem Limit (Prozent) Wert vom Inverter erstelle ich fortlaufend eine aktuelle Übertragungstabelle aus der ich dann zu den neuen Inverter Leistungswerten den richtigen Prozentwert bestimme.

Ich schreib das die Tage mal ordentlich zusammen.

[schlimmchen]

In der DTU wäre das genial.

@AndreasBoehm Ihr redet hiervon: https://github.com/hoylabs/OpenDTU-OnBattery/issues?q=is%3Aissue%20state%3Aopen%20label%3Ainvertermeter%20

Nicht sicher, wie viel Aufwand das noch ist. Jedenfalls UI. Einen zweiten Power-Meter instanziieren ist pauschal nicht kompliziert. Aber der muss ja irgendwie heißen ("InverterMeter"?) und so weiter.

[AndreasBoehm]

Genau das hab ich gemeint @schlimmchen :)

[MichaS72]

Ich habe auch eine ähnliche Konfiguration mit 24v Powerqueen Akku an einem HM400 für die Nachteinspeisung. Das beschriebene Verhalten ist auch bei mir und über 240W läuft es aus einer sinnvollen Regelung raus. Daher hab ich das momentan dorthin begrenzt, verschenke aber dadurch immer Potential, wenn zb. nachts der Heizstab des Aquariums mit 300W für eine Zeit lang zusätzlich verbraucht.
Bin sehr interessiert an der adaptiven Regelung, zumal vorm HM400 bei mir auch ein Shelly 1PM sitzt und die echten Werte schon misst. Gern teste ich aktiv mit, wenn ihr soweit seid.